Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das ablaufende Jahr war für die gesamte Textil-, Schuh- und Lederwarenbranche ein Wechselbad der Gefühle. Auf der einen Seite standen spektakuläre Insolvenzen und Geschäftsaufgaben bekannter Unternehmen, auf der anderen Seite konnten einige Kollegen Rekordumsätze erzielen. Die Schere zwischen den Unternehmen scheint in 2023 wieder weiter auseinander gegangen zu sein, und zwar in allen Märkten und Segmenten.
Woran liegt das? Fortune und ein glückliches Händchen bei strategischen Entscheidungen spielen sicher immer eine gewisse Rolle. Letztendlich muss man aber konstatieren, dass unternehmerische Qualität zumindest auf mittlere und lange Sicht den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmacht. Der Kunde entscheidet tagtäglich über unsere Existenzberechtigung und das ist in einer Marktwirtschaft ja so richtig und gewollt.
Schwierig wird es aber für alle, wenn sich die Rahmenbedingungen zu unseren Lasten verändern, ohne dass wir diese direkt beeinflussen können. Das haben wir in den letzten Jahren leider zu oft erlebt. Von der Politik in Kommune, Land und Bund wird speziell der innenstädtische Textil-, Schuh- und Lederwarenhandel nur selten unterstützt. Stattdessen werden wir immer wieder mit Entscheidungen oder Vorhaben konfrontiert, die unser Geschäft erschweren und andere Betriebsformen bevorteilen. Es darf einfach nicht mehr passieren, dass ganze Innenstädte sterben, weil die Anfahrt für die Kunden unzumutbar wird und womöglich sogar neue Einkaufsflächen oder sogar FOCs am Stadtrand geschaffen werden. Solange es keinen verlässlichen öffentlichen Nahverkehr gibt, müssen auch Besucher aus dem Umland per PKW in die Cities gelangen können.
Auch der vielfach von der Politik versprochene Bürokratieabbau scheint aktuell eher ein Lippenbekenntnis zu sein. Das sieht man aktuell z.B. bei der Überbrückungshilfe. Angekündigt als große Unterstützung des Handels als Kompensation für die Corona-Beschränkungen ist es zu einem unberechenbaren Bürokratie-Monster mutiert. Viele Kollegen bangen um die ausgezahlten Fördergelder, weil zu oft klare Regelungen fehlen und anscheinend zu willkürlichen Entscheidungen führen. Da erst ein Bruchteil der branchenübergreifend über 800.000 ÜBH-Anträge geprüft sind, wird uns dies noch Jahre beschäftigen.
Viel Bürokratie beschert uns leider auch die Europäische Union. Aktuelles Beispiel ist die europäische Lieferketten-Richtlinie. Es ist unbestritten, dass die Mode-, Schuh- und Lederwarenbranche sich weiter in Richtung Nachhaltigkeit bewegen muss. Aber die Regelungen müssen natürlich für den Handel und insbesondere die mittelständischen Unternehmen umsetzbar sein. Bei manchen Politikern hat man dagegen das Gefühl, dass sie die Menschen aus ideologischen Gründen die Freude an unseren Produkten austreiben und stattdessen zu einem weitgehenden Konsumverzicht drängen wollen.
Was bedeutet dies für uns Textil-, Schuh- und Lederwarenhändler? Ich bin der festen Überzeugung, dass sich alle Unternehmer künftig noch mehr engagieren müssen. Es reicht einfach nicht, nur die schwierigen Rahmenbedingungen zu beklagen. Man muss auch bereit sein, diese aktiv mitzugestalten bzw. zu verbessern. Dies war auch der Hauptgrund, warum ich im September für das Amt des BTE-Präsidenten kandidiert habe. Hier führe ich das Engagement meines Vorgängers Steffen Jost gerne fort.
Im Hinblick auf das kommende Jahr besteht aktuell die leise Hoffnung, dass der Abwärtstrend der Wirtschaft gestoppt ist. Trotz des Sparpakets der Bundesregierung sinken die Zinsen und auch die Börse ist optimistisch. Wenn die noch lahmende Konjunktur im Frühjahr oder Sommer wieder anspringen sollte, dürfte sich auch die Stimmung der Konsumenten wieder verbessern und für bessere Umsätze sorgen.
Leicht wird 2024 aber für die gesamte Branche aber sicher nicht. Wenn Handel und Industrie in den nächsten Wochen zum Ordern zusammenkommen, wird es sicher harte und intensive Gespräche über Preise und Spannen geben müssen. Denn viele Kollegen ächzen unter den gestiegenen Kosten und haben keinen finanziellen Spielraum mehr für notwendige Investitionen. Hier müssen partnerschaftliche Lösungen gefunden werden, die beiden Seiten eine auskömmliche Existenz ermöglichen.
Vor diesem Hintergrund ist es sehr bedauerlich, dass in Deutschland eine entsprechende Plattform zum Austausch fehlt. Dabei braucht der größte europäische Mode-Markt eine Leitmesse, damit sich der Handel ohne Reiseaufwand vor der Orderrunde über die Trends informieren und mit Entscheidern sprechen kann. Überdies sind Messen eine wichtige Plattform zum Entdecken und Stärken von neuen Marken, um das Sortiment für den Kunden spannend zu halten.
Zwar sind die Zeiten der ehemaligen Großmessen vorbei, möglich sein sollten aber spitze, kompakte und ggf. digital angereicherte Formate, die auch die Lieferanten (mit eigenen Showrooms) kostenmäßig nicht überlasten. Die Mehrheit im Handel ist durchaus bereit, ihren Obulus beizutragen und für den Besuch einer entsprechenden Messe Eintritt zu entrichten. Der BTE wird hierzu das Gespräch mit den Industriepartnern suchen, um eine für alle Seiten passenden Lösung zu finden.
Trotz aller anstehenden Herausforderungen wünsche ich im Namen des BTE Ihnen, Ihrer Familie und Ihren Mitarbeitern schöne Festtage. Kommen Sie gut und gesund in das hoffentlich erfolgreiche Neue Jahr!
Ihr Mark Rauschen