Nachhaltigkeit gewinnt im Modehandel zunehmend an Bedeutung. Die umfangreichen in Arbeit befindlichen gesetzlichen Anforderungen und eine wachsende Nachfrage der Kunden nach „grünen Produkten“ verstärkt den Fokus der Unternehmen sich mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ intensiver auseinander zu setzen. Den Startschuss legte die im März 2022 von der Europäischen Kommission vorgestellte EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien. Diese zielt darauf ab den Textilsektor umweltfreundlicher zu gestalten.
Der BTE verfolgt intensiv die Gesetzgebungsverfahren durch Gespräche mit am Verfahren beteiligter Personen, Stellungnahmen und Workshops. Dies mit dem Ziel praktikable, möglichst wenig bürokratische und sinnvolle Regelungen zu erreichen.
Die Europäische Kommission hat mit dem „European Green Deal“ (Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft) die Themen Klimaschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer politischen Agenda gerückt. Ziel ist die Emissionsreduzierung um 55 % bis 2030 sowie die Klimaneutralität bis 2050.
Da die Textilbranche bekanntermaßen mit Umweltauswirkungen verbunden ist, darunter Ressourcenverbrauch, Wasserverschmutzung, Abfallproduktion und die Verwendung von Chemikalien, wird der EU Green Deal erhebliche Auswirkungen haben.
Im Rahmen des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft, stellte die Europäische Kommission im März 2022 eine neue Strategie vor (Textil-Strategie), um Textilien haltbarer, reparierbarer, wiederverwendbar und recycelbar zu machen, gegen „Fast Fashion“ vorzugehen und Innovationen innerhalb des Sektors zu fördern.
Links:Mitteilung der Europäischen Kommission vom 30.03.2022 und Textil-Strategie
In diesem Zusammenhang werden folgende Verordnungen/Richtlinien erarbeitet:
Im Vorschlag für eine Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte geht es um die Produktgestaltung, die für bis zu 80 % der Umweltauswirkungen eines Produkts während seines Lebenszyklus maßgeblich ist. Darin sind neue Anforderungen vorgesehen, damit Produkte nachhaltiger und zuverlässiger sind sowie wiederverwendet, nachgerüstet und repariert, aufgearbeitet oder recycelt werden können und energie- und ressourceneffizient gestaltet werden. Zudem sorgen produktspezifische Informationsanforderungen dafür, dass die Umweltauswirkungen klar erkennbar sind. Alle unter die Verordnung fallenden Produkte werden digitale Produktpässe haben. So können Produkte leichter repariert oder recycelt und bedenkliche Stoffe einfacher entlang der Lieferkette zurückverfolgt werden. Außerdem kann eine Kennzeichnung eingeführt werden. Der Vorschlag enthält auch Maßnahmen, um die Vernichtung unverkaufter Verbraucherprodukte zu beenden, sowie zur Ausweitung der umweltorientierten öffentlichen Auftragsvergabe und zur Schaffung von Anreizen für nachhaltige Produkte.
Link: Entwurf März 2023
Nächste Schritte: Mitgliedstaaten, EU-Kommission und EU-Parlament verhandeln im Trilogverfahren finalen Entwurf
Anschließende Verabschiedung im EU-Parlament und im Ministerrat
Gültig ab: Es wird erwartet, dass die Ökodesign-Anforderungen 2025 oder 2026 in Kraft treten werden.
BTE-Initiative:
Die Abfallrahmenrichtlinie legt die grundlegenden Konzepte und Definitionen im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung fest, einschließlich der Definitionen von Abfall, Recycling und Verwertung. Abfallvermeidung ist die bevorzugte Option, und die Deponierung von Abfällen sollte der letzte Ausweg sein.
Sie verlangt, dass Abfälle entsorgt werden
Es wird erklärt, wann Abfall nicht mehr Abfall ist, sondern zu einem Sekundärrohstoff wird, und wie Abfall und Nebenprodukte zu unterscheiden sind. Mit der Richtlinie werden auch das "Verursacherprinzip" und die "erweiterte Herstellerverantwortung" eingeführt.
Grundlage der EU-Abfallbewirtschaftung ist die fünfstufige "Abfallhierarchie", die in der Abfallrahmenrichtlinie festgelegt ist. Es legt eine Reihenfolge der Präferenz für die Bewirtschaftung und Entsorgung von Abfällen fest.
Am 06.07.2023 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine gezielte Änderung der EU-Abfallrahmenrichtlinie veröffentlicht, über welche die Einführung einer verpflichtenden erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) für Textilien, textilverwandte Produkte und Schuhe in allen Mitgliedstaaten vorgesehen wird. Der Vorschlag der EU-Kommission zielt darauf ab, die nachhaltige Bewirtschaftung von Textilabfällen in der gesamten EU zu unterstützen und die Entwicklung des Sektors für die getrennte Sammlung, Sortierung, Wiederverwendung und das Recycling von Textilien in der EU zu beschleunigen. Dies soll im Einklang mit der sog. EU-Textilstrategie erfolgen.
Geltungsbereich:
Die neuen EPR-Anforderungen sollen für Textilwaren, textilverwandte Waren und Schuhe, die im neuen Anhang IVc aufgeführt sind und durch Bezugnahme auf die Codes der Nomenklatur gemäß Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates identifiziert werden, gelten:
Im neuen Artikel 22a zu der „Erweiterte Herstellerverantwortung“ für Textilien werden folgende Punkte aufgeführt:
Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet EPR-Abgaben zu entrichten für die in Anhang IVc aufgeführten Haushaltstextilien, Bekleidungsartikel, Bekleidungszubehör und Schuhe, Bekleidung und Bekleidungszubehör einzuführen, die erstmals im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates auf dem Markt bereitgestellt werden.
Die Hersteller, die in den Geltungsbereich der Textil-EPR fallen, müssen u.a. die Kosten tragen für:
Die zu deckenden Kosten dürfen nicht über die Kosten hinausgehen, die für eine kosteneffiziente Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, und werden in transparenter Weise zwischen den betroffenen Akteuren festgelegt.
Anbieter von Online-Plattformen, die in den Anwendungsbereich von Kapitel 3 Abschnitt 4 des Gesetzes über digitale Dienstleistungen fallen und es Verbrauchern in der Union ermöglichen, im Fernabsatz Verträge mit Herstellern zu schließen, die in Anhang IVc aufgeführte Textilwaren, textilverwandte Waren und Schuhe anbieten, müssen von den Herstellern bestimmte Informationen einholen.
Die Artikel 22b, c und d nehmen darüber hinaus noch Bezug zu einem neu einzurichtenden Herstellerregister, den Systemen der erweiterten Herstellerverantwortung sowie zum Management von Textilabfällen.
Status: Der Gesetzestext wird im nächsten Schritt an EU-Parlament und Ministerrat geschickt und dort bearbeitet. Im Anschluss an die Positionsfindungen erfolgen die sogenannten Trilogverhandlungen. Die neuen EPR-Systeme für Textilien müssen von den Mitgliedstaaten 30 Monate nach Inkrafttreten des Vorschlags eingerichtet werden.
Die EU-Textilkennzeichnungsverordnung, die bisher nur Textilfaserbezeichnungen und Faserzusammensetzungen festlegt, werden verpflichtende Angaben zu Nachhaltigkeits- und Kreislaufwirtschaftsparametern, Größen und „Made in“-Angaben beinhalten. Zukünftige Informationen sollen mit einem digitalen Produktpass übermittelt werden, der europaweit einheitlich sein soll und für alle Akteure (inkl. Verbraucher*innen) relevante Daten enthalten soll.
Bisher liegt eine Sondierungsstellungnahme des Europäischen Wirtschaft- und Sozialausschuss vor.
Status: Ein Entwurf wurde noch nicht veröffentlicht. Dieser wird nach der Sommerpause erwartet.
Link: Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen der Europäischen Kommission vom 12.07.2023 - Revision of textile labelling Regulation | European Economic and Social Committee (europa.eu).
Die Green Claims Initiative, die umweltbezogene Angaben auf Produkten zukünftig regeln soll, soll die Richtigkeit von Umweltaussagen, die von Unternehmen gemacht wird, sicherstellen. Mit dieser Regelung soll „Greenwashing“ bekämpft werden und Verbraucher*innen gestärkt werden.
Mit der Initiative zur Stärkung der Verbraucher beim grünen Wandel, mit der die Kommission die Änderung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken und der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher vorschlägt, werden neue Anforderungen eingeführt, die für Textilerzeugnisse von großer Bedeutung sind. Mit den neuen EU-Vorschriften wird sichergestellt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher am Verkaufsort über eine gewerbliche Haltbarkeitsgarantie der Produkte sowie über für die Reparatur relevante Angaben, einschließlich eines Reparierbarkeitswerts, sofern verfügbar, informiert werden.
Allgemeine umweltbezogene Angaben wie „grün“, „umweltschonend“ oder „gut für die Umwelt“ sind nur noch erlaubt, wenn eine hervorragende Umweltleistung nachgewiesen wurde, z. B. basierend auf dem EU-Umweltzeichen, Umweltzeichen des Typs I oder für die Angaben relevanten spezifischen EU-Rechtsvorschriften. Freiwillige Nachhaltigkeitssiegel in Bezug auf ökologische oder soziale Aspekte müssen sich auf eine Überprüfung durch Dritte stützen oder von den Behörden vergeben werden. Außerdem werden Bedingungen für umweltbezogene Angaben bezüglich der zukünftigen Umweltleistung, wie beispielsweise „klimaneutral bis 2030“, und für den Vergleich mit anderen Produkten festgelegt.
Besonderen Anlass zu Besorgnis gibt die Richtigkeit umweltbezogener Angaben zur Verwendung recycelter Kunststoffpolymere in Bekleidung, wenn diese Polymere nicht aus Faser-zu-Faser-Recycling, sondern insbesondere aus sortierten PET-Flaschen stammen. Diese Vorgehensweise birgt nicht nur die Gefahr der Irreführung der Verbraucher, sie steht auch nicht im Einklang mit dem Kreislaufmodell für PET-Flaschen.
Um die Richtigkeit solcher umweltbezogener Angaben und die Relevanz der Informationen, die den Unternehmen und Verbrauchern übermittelt werden, zu gewährleisten und gleichzeitig das Recycling von Kunststoffpolymeren und die entsprechenden Märkte zu fördern, wird die Kommission diesem Thema daher im Rahmen anstehender Initiativen besondere Aufmerksamkeit widmen. Die Kommission ruft Unternehmen ferner auf, ihre Bemühungen auf das Faser-zu-Faser-Recycling zu konzentrieren und eher Angaben zu erzielten Erfolgen zu machen, um so die Lücken im Kreislauf für Textilerzeugnisse schließen zu können.
Status: Entwurf der EU-Kommission veröffentlicht am 22.03.23
EU Parlament und Rat müssen die neue Richtlinie noch beschließen. Eine Abstimmung im EU Parlament wird vor der Europawahl im Frühjahr 2024 erwartet. Nach Verabschiedung müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie innerhalb von 24 Monaten in nationales Recht umsetzen. In Deutschland dürfte das bestehende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) angepasst werden.
Mithilfe klarer, strukturierter und leicht zugänglicher Informationen über die ökologische Nachhaltigkeit von Produkten können Unternehmen und Verbraucher bessere Entscheidungen treffen. Gleichzeitig wird die Kommunikation zwischen den Akteuren in der Wertschöpfungskette wie Herstellern und Recyclingunternehmen verbessert, beispielsweise beim Thema bedenkliche Stoffe, Reparaturen oder Faserzusammensetzung. Nachhaltige Unternehmen und Produkte gewinnen dadurch gleichzeitig an Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit.
Im Rahmen der Maßnahmen der neuen Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte wird die Kommission daher einen digitalen Produktpass für Textilien mit Informationsanforderungen bezüglich der Einhaltung des Kreislaufprinzips und anderer wichtiger Umweltaspekte einführen. Um die Kohärenz mit diesem neuen Rechtsakt zu gewährleisten, überarbeitet die Kommission zudem die Textilkennzeichnungsverordnung, wonach Textilien, die in der EU verkauft werden, mit einer klaren Beschreibung der Faserzusammensetzung und Angaben zu nichttextilen Teilen tierischen Ursprungs versehen sein müssen. Im Zuge dieser Überarbeitung und vorbehaltlich einer Folgenabschätzung führt die Kommission eine Pflicht zur Offenlegung anderer Arten von Informationen ein, wie beispielsweise in Bezug auf Nachhaltigkeits- und Kreislaufprinzipaspekte, Produktgröße und gegebenenfalls das Land, in dem die Waren hergestellt werden („made in“). Im Rahmen der oben genannten Vorschläge prüft die Kommission auch die Einführung eines digitalen Etiketts.
Status: Auf EU-Ebene werden die Anforderungen in unterschiedlichen Arbeitsgruppen erarbeitet. 2026 soll der Digitale Produktpass EU-weit eingeführt werden.